Alles nur ge-cloud

Gerade hat Adobe angekündigt, dass es nur noch ein einziges letztes Update für den RAW-Konverter in Photoshop CS6 geben wird. (Quelle)
Das war nur eine Frage der Zeit, denn die überhaupt weitergeführte Unterstützung neuerer Kameras im “alten” Photoshop war ein Zugeständnis an die Kunden, die gegen die Einführung eines ausschließlich cloud-, also abo-, basierten Systems Sturm gelaufen waren.
Jetzt sieht Adobe also inzwischen kaum noch eine “Shitstorm”-Gefahr und macht die “Zwangs-Clounderei” für Photoshop-Anwender zur unsausweichbaren Realität (fast – Alternativen stehen in der Quelle).

Für mich ein guter Aufhänger mal darzulegen, was ich (bisher) gegen Adobes Cloud-Modelle habe und warum ich mich noch fernhalte.

AdobeCC_EinbahnstrasseDie Vorteile der Cloud liegen auf der Hand. Also…für den Anbieter. Statt immer wieder neue große Versionen entwickeln und vermarkten (bzw. an den Mann bringen) zu müssen, zahlen die Kunden einfach konstant jeden Monat Geld auf das Firmenkonto ein. Natürlich einen geringeren Betrag, aber den konstant ohne große Schwankungen und unabhängig von neuen Versionen. Hier spart Adobe also sehr viel Geld. Die Vorteile für den Kunden sind weit weniger klar, das Hauptargument ist der geringere Preis, zumindest auf wenige Jahre gerechnet. Der Kunde kann prinzipiell (fast) jederzeit kündigen, hat dann aber keinerlei Zugriff mehr auf die Software, kann damit in Zukunft keine Bilder mehr bearbeiten und auch alte psd-Dateien nicht mehr verarbeiten.
Ich sehe beim Abo-Modell folgende hauptsächliche Probleme:

  1. Motivation für neue Funktionen & Bugfixing: Durch den konstanten Geldfluss und die enorme Abhängigkeit der Kunden ist Adobe kaum noch angehalten, neue Funktionen zu entwickeln und zu integrieren. Das hat man seit der Einführung der Cloud auch schon etwas gemerkt, die neuen Funktionen halten sich stark in Grenzen und sind zum Großteil unbedeutend oder einfach nur alte Funktionen in neuem Gewand. Schlimmer aber noch ist, das selbst zum Bugfixing kaum Motivation herrscht, was sich ebenfalls stark seit der Einführung zeigt. Der Anwender kann auf fehlerhafte Software kaum reagieren, eine alte Version weiternutzen (Inkompatibilität der Dateien) oder das Abo kündigen sind kaum möglich (denn dann verliert man ALLE Funktionen).
  2. Preismodell: Erst auf erheblichen öffentlichen Druck wurde ein Paket für Fotografen eingeführt, dass für diese überhaupt sinnvoll und erschwinglich/attraktiv ist. Durch das Abomodell und die Lizenzvereinbarungen ist aber keinesfalls sichergestellt, dass es bei diesem Angebot bleibt. Adobe macht keinerlei Angaben oder Zusicherungen, wie lange dieser Preis aktuell bleibt. Wer aber einmal in der Cloud ist, muß dann auch jeden Preis zahlen – oder ganz auf die Software verzichten. Das kann man in Grenzen verstehen, weil Preissteigerungen gesamtwirtschaftlich normal sind und man als Firma reagieren können muß. Zumindest gewisse Zeiträume oder Preis-Spannen zuzusichern wäre aber problemlos möglich.
    Der aktuelle Preis für eine Einzelanwendung außerhalb des Fotografen-Angebots liegt bei rund 25 Euro/Monat. Das finde ich deutlich zu hoch, vor allem wenn man z.B. 2 Produkte benötigt (dann ist man in etwa beim Preis, den Adobe für die ganze Kollektion will).
  3. Abhängigkeit: Kaufe ich mich als Kunde in das Abo-Modell ein, hänge ich am Haken. Es gibt im Grunde kein zurück. Konnte ich früher die gekaufte Version so lange nutzen wie ich wollte und auch mit einer alten Photoshop-Version weiterarbeiten, kann ich das nach Kündigung des Abos nicht mehr. Heißt: Stelle ich die Zahlungen ein, stehe ich komplett ohne Bildbearbeitung da. Dadurch fehlt mir die Möglichkeit der Einflussnahme auf das Produkt oder die Herstellerpolitik durch meinen Kauf. Um meine erstellten und gespeicherten psds (oder tiffs), also die bearbeiteten Versionen meiner Bilder mit Ebenen, zu öffnen benötige ich – woher auch immer – eine andere Software (ein altes Photoshop vorzugsweise). Im Abo ist das aber nicht enthalten. Ob die psd-Dateien überhaupt kompatibel sind und bleiben, ist zudem fraglich.

Adobe könnte die meisten dieser Probleme leicht lösen: Man könnte dem Kunden bei Vertragsabschluss per Klausel eine Preisgarantie für eine gewisse Zeit (mehrere Jahre) einräumen und/oder eine maximale Preissteigerungsspanne (z.B. 10%/2 Jahre) zusichern.
Man könnte dem Kunden, z.B. nach einer gewissen Abo-Dauer (1 Jahr?) bei Kündigung erlauben, den aktuellen Softwarestand weiter zu nutzen (aber eben ohne Updates) oder zumindest eine CS6-Version zum Download anbieten.
Das wären einfache Maßnahmen, um das Kundevertrauen zu steigern und mehr Skeptiker (inklusive mir) zum Umstieg in die Cloud zu bewegen. Aktuell unternimmt Adobe in diese Richtungen gar nichts. Das spricht Bände für die Wertschätzung der eigenen Kunden und lässt schlimmes für die weiteren Zukunftspläne der Firma erahnen.
Reagieren kann man darauf als Kunden nur mit verbalem Protest (z.B. bei Facebook, in Blogs, Artikeln etc.) und anhaltendem Verzicht auf die auf den ersten Blick so verlockende Cloud. Sonst ändert sich auch in Zukunft gar nichts! (zumindest nicht zum besseren)

Seid Ihr schon Cloud-User? Wie seht Ihr die Zukunft für Photoshop? Benutzt Ihr längst eine andere Alternative?

 

3 Kommentare zu „Alles nur ge-cloud“

  1. Ich benutze Photoshop schon sehr lange (das heißt viele Jahre), werde diese Software aber definitiv nicht im Abo kaufen. Aus meiner Sicht mißbraucht Adobe mit dem Abozwang seine Quasi-Monopolstellung in dem Bereich der Bildbearbeitung.

  2. Nach anfänglichem Zögern nutze ich seit einigen Monaten das Fotografen-Abo. Warum? Erst mit Photoshop und Lightroom CC kann ich vernünftig auf dem Surface Pro 3 arbeiten. Das geht für mich beim derzeitigen Preis-/Leistungsverhältnis in Ordnung. Sollte das einmal in Schieflage geraten, wird es ausreichend Alternativsoftware auf dem Markt geben. Kapital schöpft man aus den Bildern in der Regel sofort, nach einigen Monaten brauche ich nur mehr Bildbetrachter und da sehe ich kein Problem, sollte ich mein Abo tatsächlich einmal kündigen.

    Dankenswerterweise kann ich auf eine CS6 Version zurückgreifen, die mein derzeitiges Kameramodell für alle Zeit unterstützen wird. Die nächsten 3 – 5 Jahre sehe ich somit als gesichert an.

    Die wenigen zusätzlichen Funktionen in der Cloud erweisen sich für meinen Workflow als äußerst nützlich. Auf meinem Zweitrechner habe ich nur CS6 installiert – wenn ich damit arbeite kommt öfters vor, dass ich mir CC herbeiwünsche. So ist das eben.

    Was deine Vorschläge bezüglich Kundenvertrauen betreffen: vollste Zustimmung.

  3. Ich bin ziemlich zeitig in das Fotografenabo eingestiegen. Weil es mir zu einem relativ günstigen Preis die Möglichkeit bietet mich in PS einzuarbeiten und es zu testen. In 4 Wochen der normalen Testphase ist das einfach nicht drin.

    Vorher habe ich Gimp genutzt sowie Lightroom. Wenn ich gegenrechne was ich regelmäßig für LR-Updates gezahlt habe, dann ist das schon der halbe Abopreis im Jahr. Zu den normalen Kaufpreisen hätte ich mir nie PS geleistet.

    Ansonsten sollten wir uns schon mal an das Geschäftsmodell gewöhnen. Andere Hersteller werden da sicher folgen….

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