Viele betrachten Studio-Fotografie als langweilig, weil das Modell da vor einem „langweiligen Hintergrund rumsteht“. Ich könnte darauf vieles erwidern, aber das ist heute nicht Thema.
Ich will mich nur auf ein Argument konzentrieren: Wenn einem „nur“ der einfache Hintergrund zu langweilig ist, kann man Sets konstruieren. Und natürlich: Spannung durch Licht erzeugen.
Beides habe ich in „Mystery Lover“ gemacht. Das Set ist ein klassisch aussehender Sessel, günstig gebraucht gekauft. Dazu eine ebenso klassisch aussehende Stehlampe – vom Flohmarkt. Der Hintergrund dunkelblau, für guten Kontrast zum Mobilar und weil er eine dunkle, nachtähnliche Stimmung erzeugen kann. Ergänzt um ein attraktives Model in Dessous in den Sessel – fertig! Na ja, nicht ganz. Mein 2. Hauptdarsteller fehlt noch: das Licht.
Ich wollte für die Motivreihe ein außergewöhnliches Licht, eines das Kontraste erzeugt und Dreidimensionalität schafft, kein flaches „Vorn-Drauf-Licht“. Ich wollte (wie so oft) Drama. Dafür waren ursprünglich 3 Lichter im Einsatz (damit ist ein anderes Motiv auch gemacht worden). Mir fiel aber bald auf, dass das Setup mit 2 Lichtern ebenfalls ein tolles Bild gibt. So entstand „Mystery Lover“, das Bild einer leichtbekleideten Frau im Sessel, verführerisch – oder gefährlich!? Für mich könnte es auch eine Femme Fatale aus einem Bond-Film sein.
Eine Lichtquelle war recht schnell klar: Die Stehlampe sollte „zum Leben erweckt werden“. Dummerweise war sie kaputt. Also nahm ein Aufsteckblitz (in dem Fall ein Canon 580 EX II) mit Orange-Filter den Platz der Glühbirnen ein, eine Superclamp half dabei. Ein Vorteil davon ist, dass das deutlich stärkere BLITZlicht viel einfacher und sicherer in die Gesamtbelichtung zu integrieren ist als ein schwaches Dauerlicht. Die Lampe stand von der Kamera aus gesehen links etwas hinter dem Sessel, der Blitz war Richtung Kamera gerichtet. Die Streuscheibe und der Lampenschirm sorgten gemeinsam dafür, das die Lichtquelle nicht zu punktuell und hart war. Ausgelöst wurde per Funk über meine treuen Atlas.
Das zweite Licht sollte vor allem die andere (rechte) Seite des Sessels beleuchten, zum anderen die möglicherweise „dunkle“ Seite des Modells herausbringen und das Gesicht etwas aufhellen. Im Film schafft man das traditionell mit Licht von unten, oder kalten Farben. Das Lampenlicht war bereits extrem warm (orange), also würde ein ungefiltertes Blitzlicht im Vergleich dazu automatisch kühl wirken. Das Licht kam von recht weit weg (gut 2m, das Bild täuscht) und lag mit einer kleinen 30x60cm-Softbox inklusive Waben bestückt direkt auf dem Boden. Die Entfernung half auch, mit wenig Lichtleistung zu arbeiten um die gewünschte kleine Blende zu behalten. Der Augenreflex kommt von diesem 2. Licht.
Die offene Blende von 2.8 sorgt bei der Brennweite von 45mm am Vollformat trotz des sehr begrenzten Platzes dafür, dass im Bild ein Gefühl von Tiefe ensteht.
et voilà: Mystery Lover
(Ich empfehle, es durch Klick größer anzusehen.)
Make-up & Hair: Nele Mahnke
Assistenz: Jörg Böttcher