Nachtrag: Dem Leser dieses Artikels wird auffallen, dass das erwähnte zu kritisierende Bild fehlt. Ich habe es aus Kulanz, aber ungern, entfernt. Mir ist klar, daß die Verständlichkeit dadurch deutlich leidet.
Grund war nicht etwa der Urheber (dessen Genehmigung ich wie erwähnt habe), sondern die argumentlosen Beschwerden des Models und des „Studio“inhabers. Wer sich dafür bedanken möchte: kurze Nachricht an mich, ich versuche dann gern, das weiter zu geben.
Zur Klarstellung: Beide haben nach meiner Auffassung keinerlei rechtlichen Anspruch darauf.
Das Model hat in einem Vertrag auf Ihr Recht am eigenen Bild verzichtet. Die Tatsache, daß ihr die selben Nutzungsrechte wie dem Fotografen eingeräumt wurden, ist aber nicht mit einer (nicht übertragbaren) Urheberschaft oder gar einem Exklusivrecht gleich zu setzen.
Der „Studio“besitzer hat ebenfalls keine Urheberschaft oder Miturheberschaft an dem Lichtbildwerk. Der dünne Hintergrund dürfte auch vor keinem Gericht als urheberrechtlich geschützes Werk gelten -da hilft auch eine Drohung mit einem Anwalt mir gegenüber nichts.
Vor kurzem kam ich mit einem (Hobby)Fotografen in Kontakt, weil er ein Problem mit seinen Bildern hatte. Dabei sandte er mir auch ein Bild zu, um das Problem zu erläutern. Abgesehen von dem besprochenen technischen Problem (das ich hier nicht behandeln werde) fand ich das Bild ideal, um ein paar Tipps loszuwerden, was man bei der Fashion-Fotografie (auch) als Anfänger beachten sollte. Dankenswerterweise hat er mir das Bild dafür zur Verfügung gestellt (und möchte nicht genannt werden).
Die etwas umfangreichere Bildkritik teile ich in 2 Teile auf, die ich kurz nacheinander veröffentliche.
Ein kleiner „Haftungsausschluss“: Es geht hier nicht um das Modell oder den Fotografen, die sicher beide auch noch viel bessere Bilder haben. Dieses Bild galt nur als ein Beispiel und es sich eignet sich einfach gut zur Kritik, weil man einige bei Anfängern häufig auftretende Fehler gut sieht (was nicht heißt, daß der entsprechende Fotograf das nicht schon weiß!).
Here we go:
Ich möchte in dieser Bildkritik ein paar Worte verlieren über den Hintergrund und die Beleuchtung (Teil 1), über das Styling/Outfit, das Posing (damit teils verbunden: Bildaufbau) und die Perspektive (Teil 2).
Beginnen wir also mit dem Hintergrund. An den Falten ist recht einfach zu erkennen, dass es sich um einen Stoffhintergrund handelt. Das ist nicht ungewöhnlich, zählt Stoff neben Papier doch zu den beliebtesten und am häufigsten verwendeten Hintergrund-Arten im Studio. Das offensichtliche Problem mit diesem Stoff ist, daß er zu dünn ist. Die verschiedenen, pastellartigen Farben, die sich dort zeigen, sind durscheinende Gegenstände. Die vielen Farben machen den Hintergrund unruhig und würden höchstens zu einem sehr flippigen Bild passen. Also:
1. Hintergrund zu dünn – Abhilfe: Dickeren Hintergrundstoff verwenden
Das nächste offensichtliche Problem mit dem Hintergrund habe ich schon erwähnt und das dürfte vermutlich jeder kennen, der schon mit Hintergrundstoffen gearbeitet hat: Falten.
Die Lösung für dieses Problem ist nicht ganz trivial und besteht aus mehreren Schritten. Zum einen kann man Stoffe verwenden, die nicht so stark zum Knittern neigen. Schwerere und dickere Stoffe knittern zudem im allgemeinen weniger als leichte dünne. Dieses Hintergrundmaterial sollte vor allem an den Ecken immer vernünftig gespannt werden, damit er nicht „durchhängt“ (obwohl das auf diesem Bild kein Problem zu sein scheint).
Der Abstand des Modells vom Hintergrund ist hier sehr gering, was man deutlich sieht. Das führt nicht nur dazu, daß das Bild recht flach wirkt und man unwillkürlich den Eindruck hat, das Foto wäre auf engstem Raum aufgenommen, die Tiefenschärfe zeigt auch die Falten überdeutlich. Arbeitet man hier eventuell mit größerer Blende (kleinerer Blendenzahl) und größerem Abstand, könnten die Falten schon durch die Unschärfe verschwinden.
Der größere Abstand lässt (hoffentlich) auch weniger Licht auf den Hintergrund fallen, was die Falten im Dunkel verschwinden lässt. Womit wir schon das nächste Thema, die Beleuchtung, anschneiden.
Weiße Stoffe kann man gezielt separat ausleuchten und damit Falten „überblitzen“ (und ein „cleanes“ Bild schaffen), schwarze läßt man in Dunkelheit versinken.
2. Falten im Hintergrund – Abhilfe: Knitterfesteren, dickeren, schweren Stoff verwenden; Stoffe gut spannen; größeren Abstand Modell – HG herstellen, größere Blende verwenden; Hintergrund gezielt ausleuchten oder im Dunkeln versinken lassen
Bei der Beleuchtung möchte ich mit dem Hintergrundlicht anfangen. Die Corona um die Mitte des Modells zeigt, dass hier ein Licht gesetzt wurde.
Hinter dem Modell kann man kein Stativ erkennen, die Pose könnte ein solches ebenfalls kaum verstecken. Auch ein Galgen wäre im Bild sichtbar bei der offensichtlichen frontalen Ausrichtung des Lichtkegels. Das macht klar, dass die Lampe nur hinter dem Hintergrund stehen kann. Das macht in den seltensten Fällen Sinn (da Hintergründe normalerweise nicht so gut durchscheinend sind) und ist auch nur durch die ungünstige Positionierung des Modells so nah am Hintergrund nötig.
Sinn eines Hintergrundlichtes ist es, das Motiv besser vom Hintergrund zu „trennen“ oder aber einem flächigen Hintergrund mehr „Auflockerung“ zu verpassen.
Beides ist in diesem Fall aber nicht nötig. Anders sähe das bei einem völlig schwarzen Hintergrund aus, bei dem die dunkle Kleidung des Modells mit dem Hintergrund „verschmelzen“ würde. Hier würde es Sinn machen, entweder das Modell von hinten oder seitlich oder den Hintergrund anzustrahlen, um eine „Trennung“ zu bewirken.
Einen z.B. grauen Hintergrund könnte man mit einem Licht „auflockern“ – dieser hier ist aber schon unruhig genug.
3. Unnötiges Hintergrundlicht – Abhilfe: Weglassen
Die Beleuchtung des eigentlichen Motivs, des Modells, bietet auch noch viel Verbesserungspotential.
Sie zeigt eine perfekte Anwendung der leider falschen, bei vielen Anfängern aber bedauerlicherweise genauso weit verbreiteten Regel „viel hilft viel“. Gemeint ist damit Licht.
Ich halte dieser meine ganz persönliche erste Regel entgegen: „Im Studio haben wir immer zu wenig Klamotten und zu viel Licht.“ (siehe: 11 Regeln!)
Die Kunst in der Beleuchtung liegt i.d.R. nicht darin, möglichst viel Licht und möglichst wenig Schatten zu produzieren. Die Herausforderung ist, Schatten zu kontrollieren und zu nutzen. Mein Praxistipp zu Beleuchtung lautet deshalb: Arbeitet (und denkt) nicht mit Licht, sondern mit Schatten. Schatten sorgen für Tiefe und Dreidimensionalität, erzeugen Dramatik und priorisieren (heben Dinge hervor oder verschleiern sie).
Konkret könnte man das hier erreichen in dem man Lichtformer mit weniger großer Streuung einsetzt und weniger frontal setzt. Schatten müssen nicht komplett eleminiert werden, sondern sollten zur Betonung der hellen Stellen eingesetzt werden.
Bei einem größeren Abstand zwischen Modell und Hintergrund ergibt sich auch ein Helligkeitsverlauf in den Raum, der der Aufnahme mehr Tiefe verleiht.
4. Flache Ausleuchtung – Abhilfe: kleinere Lichtformer (mit weniger Streuung); kein/weniger frontales Licht; größerer Abstand Modell – HG
Das war schon ne ganze Menge und Änderungen, die viel ausmachen. Zu Posing, Styling und Perspektive komme ich im nächsten Teil.
ist es eigentlich das selbe Model? sieht fast so aus…
Du meinst auf dem Beispielbild und meinem Archivbild? Nein, auch wenn die Bilder und Modelle sich auf den ersten Blick ähneln, haben beide gar nichts miteinander zu tun.
dann mal her mit dem nächsten Teil ; )