Das dpi-Phänomen

Update: Der Artikel wurde zur besseren Verständlichkeit leicht überarbeitet.

Aus sehr aktuellem Anlass möchte ich auch an dieser Stelle mal ein Thema ansprechen, daß auf der Liste der häufigsten IT- und Fotografie-Fehler ganz weit oben steht. Es begegnet einem auch vermehrt in professionellen Regionen, bei Verlagen und Redaktionen z.B.

Ich nenne es mal das „dpi-Phänomen“.

Worum geht es? Einfach gesagt geht es um den Irrtum, daß der dpi-Wert allein etwas über die „Größe“ eines Bildes aussagt.

So las und liest man zum Teil noch heute auch in Computerzeitschriften gern die Regel: Bilder für’s Internet sollten nicht mehr als 72 dpi haben. An anderer Stelle heißt es dann: für hochwertige Drucke sollten die Bilder 300 dpi haben.

300dpi
300dpi

OK, versuchen wir mal, dieser Regel zu folgen. Wo stelle ich an meiner Kamera denn die dpi ein? Auch nach langer Suche findet sich keine solche Einstellung. Doof.
Schön, vielleicht ist das ein fester, nicht änderbarer Wert meiner Kamera … Mist, auch die technischen Daten enthalten keine dpi-Angabe.

Dieses Bild hat 72 dpi (Klick für vollständige Größe).
Dieses Bild ist auf 72 dpi eingestellt (Klick für vollständige Größe).

Nun gut, wenn ich es nicht in der Kamera ändern kann, dann suchen wir einen Schritt weiter, in der Bildbearbeitung.
Tatsächlich, bereits im RAW-Konverter werde ich fündig. Hier kann ich eine dpi-Zahl einstellen. (Für Nicht-RAW-Anwender: in Photoshop wird man unter „Bildgröße“ fündig.)

Sofort will ich meinen Fund testen. Ich stelle die dpi-Zahl auf 72 dpi ein. Anschließend speichere ich das Bild sofort als JPEG. Das gleiche wiederhole ich mit demselben Bild und 300 dpi.

Nun sollte ich also eine kleine (72 dpi) und eine große (300 dpi) Version meines Bildes haben. Ich überprüfe das durch einen Blick in die „Dateieigenschaften“. Durch den Anfang dieses Beitrags werdet Ihr schon ahnen, daß ich über das Ergebnis nicht besonders überrascht bin: Beide Dateien sind sowohl was die Pixel-Ausmaße als auch die Dateigröße in MB angeht völlig identisch.

Also ändert die dpi-Zahl GAR NICHTS an der Größe. Wozu aber gibt es sie dann und woher kommt die Meinung, daß die dpi die Größe beeinflussen?

Das kommt aus dem Druckbereich. Tatsächlich hat der dpi-Wert durchaus etwas mit der Größe zu tun – der Ausgabegröße auf dem letztendlichen Ausgabemedium (also dem Monitor oder Blatt Papier). Allerdings ist sie nur einer von zwei Faktoren einer Gleichung.

Dieses Bild hat 300 dpi.
Dieses Bild ist mit 300 dpi eingestellt. Ansonsten ist es mit dem unten identisch. Auch hinsichtlich der (hier entscheidenden) Pixelmaße.

dpi bedeutet „dots per inch“. Dots bezeichnet Druckpunkte oder, für das Verständnis vereinfacht gesprochen (was oft gemacht wird), Bildpixel. Inch/Zoll ist eine Maßeinheit, ebenso wie cm.
dpi macht also eine Aussage über die Menge der Punkte/Pixel in einem Inch. 300 dpi bedeutet damit, daß auf einen Inch 300 Pixel gedruckt werden.

Ohne die Angabe der zu erreichenden Druckgröße (Papiergröße), also die Menge der Inches, auf die die Punkte verteilt werden sollen, hat die Angabe der dpi aber keinerlei Aussagekraft und ist völlig beliebig.

Jedes Dokument lässt sich mit 300 dpi drucken – aber je nach Pixelanzahl eben unterschiedlich groß. Je nach Anzahl der vorhandenen Bildpixel erreicht man dann eine Druckgröße von z.B. 5×8 inch oder auch 28×40 inch oder oder oder.

Für eine Angabe der Größe braucht man also immer zwei Faktoren.
dpi und Pixelmaße ergeben eine bestimmte maximale Ausgabegröße (kleiner geht natürlich immer).
dpi und Ausgabegröße ergeben eine benötigte Pixelzahl/Pixelmaße.

Formel:

Pixelzahl bzw. Auflösung = (Breite in cm x dpi / 2,54) x (Länge in cm x dpi / 2,54)

Dieses Bild hat 72 dpi.
Dieses Bild ist auf 72 dpi eingestellt.

dpi alleine machen keine Aussage über die Bildgröße.

Die eingangs genannten Beispiele setzen stillschweigend bestimmte Ausgabegrößen voraus.

Bei den Computermonitoren ist das oft eine (inzwischen veraltete) Monitorgröße von 17 Zoll (Bilddiagonale). Mit den dpi und dieser Größe ließe sich nun die Pixelauflösung des Bildes errechnen.

Beim Druck ist meist die Größe einer Seite des Magazins oder Buches die vorausgesetzte Größe.

Von diesen Ausgangswerten weiß der über die dpi Informierte aber meist nichts.

Sehr viel besser ist daher eine Angabe der Bildpixel (z.B. 3744 x 5616), aus denen sich mit den gewünschten dpi eine Druckgröße ergibt.

So verhält es sich in der Praxis mit der Einstellung der Bildgröße: Für den Druck gebt ihr am besten dpi und Druckgröße ein (z.B. 20×30 cm bei 300 dpi), ansonsten (z.B. fürs Web) orientiert Ihr Euch nur an den absoluten Pixelzahlen (z.B.. 600×800).

13 Kommentare zu „Das dpi-Phänomen“

    1. Hallo Oli,

      Freut mich wirklich sehr, daß Dir der Artikel gefällt und Du ihn verständlich findest.
      Ich habe nämlich gerade eine Diskussion mit meinem Assistenten darüber, der ihn nicht klar genug empfindet.
      Es ist wirklich sehr schwer, die Balance zwischen technischer Korrektheit und allgemeiner Verständlichkeit zu wahren.

      Ich würde mich sehr über weitere Wortmeldungen freuen, ob der Inhalt verstanden oder auch wenn er nicht verstanden wurde!

  1. Hallo Michael,
    mein Stand der Dinge ist: Das Bild hat erst eine Auflösung, wenn es gedruckt vor Dir liegt. Sonst nicht!Auch nicht im PC und schon gar nicht auf dem Monitor. Da gibt es Pixelmaße, aber keine dpi.
    Du hast aber Recht, es ist sehr schade, dass dies bei manchen Druckdienstleister noch nicht angekommen ist.
    VG Markus

  2. Das ist Basiswissen eines Druckvorbereiters. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wenn ein Fotograf sich als solcher versteht, warum hat er davon keine Kenntnisse?
    Ist nicht so die Faulheit, wie manch böser Bube vermuten könnte, vielmehr ist das Wissensfeld sehr weitläufig und braucht Branchen-übergreifendes Wissen.
    Lithograf, später Scanneroperator oder so, war mal so ein 3-jähriger Lehrberuf. Da wurde das wissen der Digitalisierung, Auflösung und Pixelgrösse beigebracht.
    Also z.B., wenn im Offsetdruck ein sehr feines Raster, oder FM-Raster, eingesetzt wird, kann sogar noch 400dpi abgebildet werden. Aber, nur so by the way, in USA sind 225dpi bereits hochauflösend.
    Gruss achim, Offsetdrucker, database-driven designer, Fotograf, seit 1996 digitalisiert.

  3. Hallo zusammen,

    ich befasse mich – rein privat – mit diesem Thema schon länger. Komme also nicht beruflich aus dieser Sparte.

    Vielleicht kann mir jemand weiterhelfen bei meiner Frage:

    Können neue Geräte wie z.b. Ipad oder Iphone höhere dpi ausgeben / darstellen als 72dpi ?

    Ich weiß das zb. das Ipad3 264dpi „hat“. Kommt es aber denn nicht auf den Verarbeitungsprozess des Rechners an? Also wie diese 264dpi umgerechnet und ausgeben werden? Ich hab Bilder mit 72dpi und 264dpi nebeneinander hochgeladen und auf dem ipad3 konnte ich optisch keine veränderungen feststellen.

    Also, wieviele dpi geben moderne Ausgabegeräte (screen) aus? 72, 96 oder mehr ???

    Kann mir da jemand weiterhelfen, bzw. nen Link dazu geben?

    Viele Grüsse
    Lukas

  4. Pingback: DPI beim Lightroom Export » Bildbezogen

  5. Pingback: Der Sonntag mit der Photodings [nachgeholt] - Norman Herms Photography

  6. Hallo, speziell lukas,

    ja, in der JPEG-Definition gibt es das Feld der Ausgabeauflösung in dpi. Dieses Feld hat aber nur eine deskriptive als beschreibende oder informative Funktion. Als physikalische Größe, die ein Bild beschreibt, ist die dimensionslose Auflösung zu sehen. Sie besagt, die Kamera oder ein anderer Digitalisierer hat z.B. 3000*2000 Bildpunkte aufgenommen. Das steht fest und wird durch die Auflösung des Sensors bestimmt. Die DPI-Angabe hat zwei Aufgaben – einerseits, und das ist für uns weniger interessant, um zu sagen, wie groß das Bild bei einer Ausgabe auf den Drucker sein sollte. Diese Angabe ist eigentlich nur ohne weitere Vorgaben wichtig, meist aber uninteressant, weil man das Bild ja wahlweise auf dem Smartphone oder auf dem Bildschirm betrachten möchte und da wird dann eh herunter- oder heraufgerechnet, da diese eine eigene Auflösung besitzen. Oder man möchte es auf einem Drucker ausgeben, und da gibt das Papierformat und die Druckerauflösung die Vorgaben für die DPI und es wird wiederum umgerechnet. Es gibt noch eine zweite Funktion für die DPIs und für diese ist Angabe auch primär geschaffen worden. Es gibt Aufnahmegeräte, die eine andere Auflösung in vertikaler wie in horizontaler Richtung haben – so z.B. Scanner, deren horizontale Auflösung durch die Auflösung der Scannzeile vorgegeben wird, jedoch die vertikale durch die Schrittweite variert. Da werden unterschiedliche Anzahl von DPI horizontal und vertikal erfasst um so die gescannte Auflösung nicht von vornherein durch Umrechnung zu verfälschen und wichtige Bildinformationen unter den Tisch fallen zu lassen. Und genauso beim Scannen ist es ja auch wichtig zu wissen, wie groß das Ausgangsobjekt war – auch hier sind beide Auflösungen vonnöten. Beim Fotografieren sind die Werte unerheblich und werden halt nur befüllt, weil sie nicht 0 sein dürfen ( durch 0 darf nicht geteilt werden) und ggf. bei der Angabe von 1 (was aus meiner Sicht Sinn machen würde) einige Programme streiken würden, da die errechnete Bilddimensionen ja alle bekannten Formate übersteigen würden.

  7. Hallo Micha,

    vielen Dank für den informativen Artikel! Ich (Hobbyfotograf) bin auch gerade darüber gestolpert, dass die Dateien mit 70 und 350 dpi am Ende denselben Speicherbedarf haben.
    Ich habe mir gerade die „Arbeit“ gemacht und 2 Varianten meiner Fotos erstellt. Ich wollte die Fotos einer privaten Veranstaltung weitergeben: 1x für’s Web und einmal für potentiellen Druck.
    Aber nach Deinem Artikel und identischer Dateigröße (MB) könnte ich doch ausschließlich 350 dpi – JPEG erstellen und die 70 dpi – Variante für immer vergessen oder?
    Na gut, bestenfalls die für’s Web in den Abmessungen verkleinern, aber die dpi auf 350 für immer stehenlassen. Oder habe ich es falsch verstanden?

    Viele Grüße!
    René

    1. Hallo René,

      Richtig, die Einstellung für die dpi interessiert eigentlich niemanden, wenn Du die Bilder digital weitergibst. Ich würde deshalb schon im RAW-Konverter (dann wird das so importiert und übernommen) immer 300 als Standard eingeben (die noch immer gängige professionelle Druckauflösung).
      Für das Web würde ich aber unbedingt die PIXELzahl (Höhe und Breite) verkleinern, da Du sonst unnötig Speicher brauchst UND vollaufgelöste Bilder zur Verfügung stellst. Ich rate Dir bei dem Thema auch meinen Artikel über WASSERZEICHEN zu lesen.
      Viel Erfolg weiterhin!

  8. „… Dateien mit 70 und 350 dpi am Ende denselben Speicherbedarf haben.“

    Den Platz brauchen die Pixel.

    DPI definiert die Auflösung per inch.
    Das ist für das Wiedergabemedium relevant.

  9. Was ich hier vermisse ist der Begriff ppi. So wie ich das verstehe hat dpi nichts mit Auflösung am Monitor, Bildschirm usw. zu tun, sondern ausschliesslich mit dem Druck. Dot’s per Inch (dpi) heisst doch Druckpunkt pro Inch, oder? Hingegen wäre es richtig, für die Auflösung auf elektronischen Ausgabegeräten von ppi (Pixel per Inch) zu sprechen.

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