Beauty-Lichtsetting wider den Regeln

Beauty with a demon 1
(anklicken für größeres Foto)

Heute zeige ich Euch einen meiner „Klassiker“, ein gut 2 Jahre altes Foto.Das Studio war noch ganz frisch und nicht komplett fertiggestellt (na ja, eigentlich ist es das bis heute nicht).

Das Bild entstand aus einem „Fehler“ und benötigte deshalb etwas mehr Nachbearbeitung, als mir üblicherweise lieb ist. Der „Fehler“ zeigt mir und Euch aber gut, daß man die bekannten Regeln auch mal brechen muß.

Das Setup war relativ klassisch. Auch wenn man es auf dem fertigen Foto durch den Bildschnitt nicht sieht, möchte ich erwähnen, daß der Hintergrund mit 2 Blitzen links und rechts weiß ausgeleuchtet wurde. Bestückt waren sie mit Normalreflektoren und Klappen, um das Streulicht zu den Seiten zu minimieren. Ich hatte damals nur 1 Scheunentor/Klappen, deshalb habe ich die andere Seite einfach mit einem Reflektor „geflaggt“. Ihr seht das ganz gut auf dem Foto:

Hintergrund_Lichter_1

Das Model wurde eigentlich mit 2 Blitzen beleuchtet, ein klassisches Beauty-Setup. Von leicht rechts oben kam ein weißer Beauty Dish als Hauptlicht, von unten eine riesige 140×200 cm Softbox als Fülllicht.

klassisches Lichtsetup BeautyABER: Ich hatte ein Leihset Blitze von Hensel, da meine noch im Umbau waren. Bei einem dieser Blitze war der Funkempfänger aus unbekannten Gründen nicht 100% zuverlässig. So kam es, daß das Hauptlicht (Beauty Dish) bei einigen Fotos nicht auslöste.

Das hatte 2 Effekte: Zum einen wurde das Bild natürlich ordentlich unterbelichtet. Das Hauptlicht war gut 1 2/3 Blenden heller eingestellt als das Fülllicht. Da diese Einstellungen natürlich auch für die Kamera verwendet wurden, hatte ich ohne das Hauptlicht ein entsprechend unterbelichtetes Foto. Das konnte zwar bei der RAW-Entwicklung ausgeglichen werden, führte aber zu einer unangenehmen Verschlechterung der Bildqualität (mehr Rauschen).

Die zweite logische Konsequenz ist eine Veränderung der Lichtcharakteristik. Entgegen aller bekannten Regeln wurde das Model nun ausschließlich von unten ausgeleuchtet. Das gilt allgemein als „dämonisches Licht“, daß z.B. bei alten Filmen gern eingesetzt wurde, um böse Charaktere noch unheimlicher wirken zu lassen.

Fotografen und Foto-Lehrer raten allgemein von so einer Beleuchtung ab, wenn man eben nicht gerade eine „bösen“ Stimmung erzeugen möchte.

Bei einem fast engelhaften weiblichen Model und einer großen Lichtquelle (die auch noch recht nah ist) wandelt sich der „dämonische“ Eindruck aber eher in einen mysteriösen/mystischen. Das tut dem Bild ganz gut und gibt ihm eine ganz eigene Charakteristik.

Michael Gelfert bei der Arbeit an einem Beauty-Set

8 Kommentare zu „Beauty-Lichtsetting wider den Regeln“

  1. Sowas hatte ich beim letzten (gestrigen Fotoshooting) auch! 🙂 Ich hatte einen Beauty-Dish von vorne oben und zwei Striplights von seitlich bis schräg hinten. Zwei mal hat der Beauty-Dish nicht mit ausgelöst und dabei sind zwei wunderschöne Low-Key-Bilder entstanden, die ich ohne die „Unzuverlässigkeit“ des einen Blitzes nie bekommen hätte. 🙂 Dachte mir, das muss ich jetzt einfach mal so anmerken weil mir das ja erst gestern passiert ist und so! 😉

    Hier das Bild, falls du nix dagegen hast, dass ich es mal verlinke! 😉

    http://www.flickr.com/photos/jibril85/4695735337/

  2. Einen schönen Menschen enstellt nichts!

    Kenn ich, manchmal bringt unzuverlässige Technik interessante neue Sichtweisen, die man nie probiert hätte – dennoch ist mir zuverlässige Technik wichtig 😉

  3. Ja, das wirkt auf mich alles andere als böse. Wunderbar mystisch und schön weich.
    Hensel hat mich noch nicht im Stich gelassen. Aber wenn ich das sehe wäre es nicht einmal schlimm gewesen 🙂

    @Foto Chaotin: Danke für den Link. So habe ich wieder einen tollen, abwechslungsreichen Stream gefunden 🙂

    LG Markus

  4. „von unten“ ist natürlich auch ziemlich dehnbar. Dem Making-Of zufolge kam die (sehr große) Softbox natürlich grundsätzlich schon von unten nach oben, durch die schiere Größe und die sitzende/hockende Position des Models aber auch von vorn. Damit entstehen keine ausgeprägten Schlagschatten nach oben und somit auch kein dämonischer Look.
    Das Licht ist wunderbar weich, wobei das gezeigte Foto ja auch noch kräftig bearbeitet wurde (wie Du schriebst). Es ist aber eine tolle Idee und weckt fast die Lust, eine große Softbox anzuschaffen… 🙂

    1. @Boris: Du hast völlig Recht. „von unten“ IST dehnbar. Das sollte ja auch eine Kernaussage meines Beitrags sein – das pauschale Regeln oft nicht richtig oder zumindest sehr ungenau sind.

      Was die Bearbeitung angeht war damit vor allem gemeint, daß das Foto (im RAW) stark aufgehellt und das entsprechende Rauschen dann wieder beseitigt werden mußte. An der Lichtstimmung wurde dabei aber nichts geändert.

      Allgemein würde ich Dir eher von der großen Softbox abraten (bei „moderaten“ Studiogrößen)- bei mir kommt sie so gut wie nie zum Einsatz. Ich mag eher kontrastreicheres, gut steuerbares Licht.

  5. @Micha: 🙂 ich meinte, wenn jemand sagt „von unten macht man bei einem Beauty-Shooting nicht“, dann hat derjenige sicher keine Mega-Softbox im Kopf die direkt vor dem knienden Model strahlt 🙂

    Aber Du hast natürlich absolut Recht: Solch eine Pauschalausage wird auch wieder so oder so ausgelegt und am Ende kommt raus: „Niemals sollst Du von unten leuchten“ (egal wie groß, egal wie flach, wie weich, etc.) und das ist natürlich Quatsch. Erlaubt ist was gefällt und auf solche Ideen muss man überhaupt erst mal kommen – was schwerer fällt, wenn man ständig diese „Verbote“ ins Hirn gehämmert bekommt 🙂

    Zur Bearbeitung: Du hast sicher nicht die Lichtstimmung bearbeitet (das ist auch aufwendig und oft könnte man die Beleuchtung dann gleich komplett in Photoshop machen – was ich albern finde) – aber Du hast es doch sicher noch ein wenig durch die Beauty-Retusche laufen lassen? Oder war sie wirklich so weich geschminkt und das Licht allein hat diesen bezaubernd sanften Look kreiert? Ich denke mal, ein wenig an den Kontrasten, etwas glätten, etc. waren schon beteiligt, oder nicht? (vermutlich zwangsläufig, schon um das Rauschen zu beseitigen)

    Zur Softbox: Ich bin normalerweise nur mit diesen kleinen Systemblitzen unterwegs weil die eben sehr mobil sind und ich mag auch gerne gezieltes Licht. „Hart“ ist auch immer so eine Definitionsfrage… Ist das Licht aus dem Beauty-Dish hart, nur weil es durch keinen Diffusor läuft? IMHO ist es das nicht, aber das legt jeder etwas anders aus. Ich glaube auch nicht, dass ich mir so eine Softbox anschaffen werde (dürfte knifflig beim Transport werden) – Aber kennst Du den Lastolite HiLite? Der taugt nicht nur als beleuchteter Hintergrund sondern durchaus auch als Mega-Softbox – und er ist verhältnismäßig gut zu transportieren und ist schnell auf-/abgebaut.

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