must-have: Objektiv

In der Serie „must-have“ geht es darum, was ein People-Fotograf unbedingt an Ausrüstung braucht oder zumindest haben sollte – vor allem, wenn er gerade einsteigt, aber große Ambitionen hat. Zunächst lege ich den Schwerpunkt dabei auf Studiofotografie, erweitere das aber im Folgenden vielleicht noch um andere Einsatzgebiete. Das das alles aus meiner eigenen Sicht ist und Ihr/wir gerne in den Kommentaren darüber diskutieren können, dürfte klar sein. 😉

In den letzten Tagen bekam ich per E-Mail einige Fragen zu Objektiven. Spätestens das war die Erinnerung, was in der „must-have“-Reihe noch fehlt.

Objektive sind in den meisten Fällen nach dem Fotografen und dem Licht das wichtigste Glied in der Bildqualitätskette.

Als Einsteiger tendiert man dazu, vor allem einen möglichst großen und lückenlosen Brennweitenbereich abzudecken – zu einem möglichst geringen Preis.
Die meisten Profis werden mir wohl zustimmen, daß das zwar ein naheliegender, aber kein empfehlenswerter Weg ist.

Denn schnell stellt man fest, dass man vor allem Objektive mit mehr Lichtstärke möchte, um besser mit der fotografischen Unschärfe arbeiten zu können. Schneller Autofokus und natürlich hohe Schärfeausbeute locken ebenso nach besseren Objektiven. Das Ende vom Lied: Früher oder später landet man so oder so bei Profi-Objektiven. Meist hat man da aber schon eine mehr oder minder große Summe in die Amateur-Optiken investiert. Ein unnötiger Umweg.
Spart lieber länger auf Eure Objektive und kauft dann gleich die guten. Das erspart Euch Frustrationen, Kauf-/Verkaufsorgien und letztlich Zeit und Geld.

Entscheidet man sich für hochwertige Objektive, hat man trotzdem noch eine Wahl zu treffen: Festbrennweiten, Zooms oder beides?
Die Wahl ist meist eine sehr persönliche.

Festbrennweiten sind teils günstiger und meist lichtstärker, aber eben auch unflexibler. Sie erfordern mehr Laufarbeit („Turnschuh-Zoom“) und häufigeren Objektivwechsel. Qualitativ gelten sie als oft besser – der Unterschied zu hochwertigen Zooms ist aber nicht so groß, dass es in der Praxis einen entscheidenden Unterschied macht.

Hier meine ganz persönliche Empfehlung für Peoplefotografen (jeweils bezogen auf das Vollformat, für kleinere Formate einfach umrechnen):

  • Ein (Super)Weitwinkel, zwischen 16 und 24 mm – für Fashion, Innenraumaufnahmen mit wenig Platz, Gruppen
  • Ein Normalobjektiv mit 50 mm (f1,8 oder f1,4) – als sehr preisgünstige, lichtstarke „Allzweckwaffe“ und für Portraits eher im Nahbereich
  • Ein Makro mit ca. 90 oder 100 mm – vor allem für Detailaufnahmen und sehr enge Bildschnitte z.B. bei Beauty
  • ein leichtes Tele um 120 oder 130 mm – für Portraits auf mittelgroßem Raum. Es gibt ein paar SEHR scharfe und lichtstarke Optiken in diesem Bereich.
  • ein Tele mit 200 mm – ideal in größeren Studios oder draußen und klasse für Beauty & Portrait wegen der Kompression des Bildinhalts und der vorteilhaften Wiedergabe der Gesichtsgeometrie.
  • ein 1,4-Konverter – damit werden (fast) alle Eure Objektive vielseitiger (für wenig Geld)! (Anmerkung: Die Konverter der Kamerahersteller unterstützen nur wenige Objektive. Die der Dritthersteller wie z.B. Kenko haben diese Einschränkungen nicht, nur EF-S funktioniert auch da nicht.)

Man merkt schon, dass Zooms die Flexibilität hier erhöhen. So könnte man eine „Standardbrennweite“ kaufen, z.B. ein 24-70 mm (f2,8) oder ein 24-105 mm (f4,0). Dazu ein 70-200 mm. Optional käme noch ein Superweitwinkelzoom (wie ein 16-35 mm) in Frage. Das Makro (für Beautyshots) und den Konverter (für noch mehr Flexibilität) sind aber auch hier sehr sinnvolle Erweiterungen.

Möchte man also möglichst flexibel einsteigen, ohne zu viele Objektive zu haben, macht am Anfang vor allem die Kombination 24-70 (oder 24-105) und 70-200 Sinn.
Bei letzterem bevorzuge ich selbst übrigens die Variante mit Blende 4,0 (falls für Eure Kamera verfügbar) gegenüber der mit f2,8. Sie ist wesentlich günstiger, leichter und kleiner. Der Unterschied in der Bildwirkung zwischen f4,0 und f2,8 rechtfertigt für mich nicht die Nachteile.

Bei Festbrennweiten sollten es dann schon zumindest 3 sein: Ein Weitwinkel (35mm oder weniger), ein Normalojektiv und ein leichtes Tele.

Es soll noch günstiger sein am Anfang? Nur 1 Objektiv? OK, dann wählt entweder das Multitalent 50mm (mit einem Konverter wird’s noch flexibler) oder ein 70-200. Die Perspektive, die dieses Objektiv bietet, ist schmeichelhafter für Menschen und die detaillastige Perspektive, die sich damit oft ergibt, schärft Euer „selektives Auge“.

Wie sieht das bei Euch aus? Was sind Eure bevorzugten Brennweiten / Objektiven und würdet Ihr eine andere Zusammenstellung wählen?

18 Kommentare zu „must-have: Objektiv“

  1. Schöner Artikel, ich selbst nutze bei 99% der Shootings meine 50er FB / 1,8 oder mein 70-200 / 2,8. Da ich in letzter Zeit aber viel mehr mit dem 70-200 gearbeitet habe und dabei oft im Bereich 70 – 100 mm den Auslöser betätigt habe, steht als Erweiterung eine 85er FB bei mir an …

    Gruß
    Alex

  2. Klar, kann Dir an sich aus meiner heutigen Sicht nur zustimmen.
    Das Problem eines Anfängers (war bei mir damals jedenfalls so) ist ja leider, dass man zum einen noch nicht genau weiß, wie wild man es vielleicht überhaupt mit der Fotografie treiben will, in welche Richung es gehen soll und ob man da entsprechend viel Geld ausgeben möchte. Zudem hatte ich z.B. auch damals ein recht begrenztes Budget, da ich noch in der Ausbildung war.
    Von daher wurde meine erste Kamera dann eine EOS 500 mit Kitobjektiv und kurze Zeit später noch das 70-300. Damit war ich auch ein zeitlang glücklich und irgendwann merkt man dann in welche Richtung man möchte, worauf man achten sollte und ob es sich für einen persönlich lohnt.
    Mittlerweile habe ich einen guten Mix aus Zoom-Objektiven und Festbrennweiten zusammen und bin zufrieden damit. Einzig vom Vollformat träume ich momentan noch.
    Am häufigsten finden bei mir mein 50/1.4 und das 24-105/4 den Anschluss an der Kamera.
    Jetzt aber so generell immer den Tipp zu geben, wartet bis Ihr Euch eine Profilinse leisten könnt, ist meiner Meinung nach aber auch nicht sinnvoll.
    Klar stauben meine beiden ersten Objektive mittlerweile nur noch im Schrank vor sich hin, aber im Nachhinein würde ich es trotzdem wieder genauso machen. Denn ich denke, zum einem muss man manchmal Lehrgeld bezahlen 😉 und zum anderen hätte ich dann ja den Beginn meines neuen Hobbies um Jahre nach hinten schieben müssen, um das Geld zu sparen. Das wäre auch frustrierend gewesen …

  3. Früher hab ich alle möglichen Brennweiten haben wollen, inzwischen fotografier ich fast nur noch im Brennweitenbereich von 20-50mm.
    Sprich, all die teuren Linsen, die darüber hinausgehen, kann ich mir sparen.

    Wenn man sowas weiß, also in welchem Brennweitenbereich man sich überhaupt bewegt, kann man eine Menge Geld sparen. Und der billigste Weg, das herauszufinden, ist sich ein Superzoom zu kaufen und solange zu probieren, bis man „seinen“ Brennweitenbereich gefunden hat.

    PS: für die seltenen Fälle, wo ich mal eine lange Brennweite brauche, hab ich eine 200mm Festbrennweite, das reicht für mich da völlig aus.

  4. Hallöchen,

    du sprichst in dem Artikel von einem Koverter?

    …dann wählt entweder das Multitalent 50mm (mit einem Konverter wird’s noch flexibler)…

    ich besitze ein 50/1,4 allerdings kann ich mit dem Begriff Konverter im Moment nichts anfangen. Was macht das Ding denn genau? Ich steh grad voll auf dem Schlauch..

    Danke schonmal 😉

  5. Ein Konverter verlängert die Brennweite eines Objektives.
    Dabei verändert sich auch die Blendenzahl entsprechend.
    Beispiel: 100mm Objektiv mit 1,4-fach Konverter
    Brennweite: 100mm –> 100mm*1,4= 140mm
    Blende: 2,0 –> 2,0*1,4=2,8

    Allerdings sind angeblich zumindest die Nikon Konverter auf Brennweiten ab 100mm optimiert. Wie sich also ein 50mm Objektiv mit 1,4-fach Konverter schlägt, weiß ich da nicht so recht. Ist das wirklich eine gute Idee?

    Momentan beschäftige ich mich gerade mit der Abdeckung des Weitwinkel- bis Normalbereichs. Also 16-35mm & 50mm oder 24-70.

    1. Das mit der Blende stimmt so nicht ganz.
      Ein 1,4er Konverter schluckt i.d.R. eine Blende Licht. Das liegt an der Baulänge und dem Verlust durch weitere Gläser. Einfach den Faktor auf die Blende umrechnen funktioniert nicht. Zwischen Blende 2,0 und 2,8 (wie im Beispiel) liegt auch genau eine Blende. 😉 (siehe: Blendenreihe)

      Mein Kenko funktioniert mit einem 50er tadellos. Allgemein büßt man mit einem Konverter meist ein wenig Schärfe ein, andere Abbildungsfehler (wie z.B: CAs) können aber sogar reduziert werden.

      1. Ok, für mich gehört der verlust an Lichtstärke bei einer Festbrennweite jetzt aber nicht gerade zu den Vorteilen.
        Dann hat man also bei einem 50er (50*1,4) also 70mm Brennweite.

        Soweit so gut. Nur will sich mir im Moment der Vorteil nicht so recht erschließen. Aber ich werd mir mal bis Samstag ein paar Gedanken dazu machen 🙂

        Aber danke für die schnelle Beantwortung meiner Frage.

  6. Pingback: Linktipps am Mittwoch | PictureSun

  7. Ich habe anfangs am Crop und bevor ich angefangen habe Menschen zu fotografieren auch einen möglichst großen Brennweitenbereich abgedeckt (10-200mm). Am Vollformat verwende ich nun das EF 24-70 f2,8L, EF 70-200 f4L, EF 100 f2,8L IS Macro, EF 50 f1,4, EF 85 f1,8. Das 70-200 brauche ich dabei nur noch ganz selten und die meiste Zeit arbeite ich mit dem 24-70 oder dem 85er. Die qualitativ besten Bilder macht jedoch das Macro. Das 50er brauche ich auch recht häufig wenn ich Indoor mit Tageslicht fotografiere und ich nicht genug Platz für das 85er habe. Irgendwann wird dann mal das 85 f1,8 gegen das 85 f1,2 ausgetauscht weil ich sehr viel und sehr gerne mit Tageslicht arbeite. Das 85er fehlt übrigens in dem Artikel, obwohl es ein klassisches Portraitobjektiv ist.

    1. Das Du das 70-200 selten brauchst kann ich mir nur so erklären daß Du entweder fast nur Ganzkörper fotografierst oder zu wenig Platz hast. 😉
      Der Wirkung der Brennweite wegen würde ich für Portraits aber eine Brennweite größer als 70 vorziehen.

      Das 85er ist zwar eine oft empfohlene Brennweite, ich finde es selbst aber nicht wichtig genug, um es in den Artikel zu schreiben.
      Wegen der Naheinstellgrenze kommt man für enge Schnitte bei Beauty oft nicht nah genug heran, sodaß dann doch wieder das Makro zum Einsatz kommt. Die Brennweite selbst wird fast vom Makro und definitv vom 70-200 gedoppelt. Sinnvoll ist es wirklich nur dort, wo (sehr) wenig Licht vorhanden und das 50er (auch mit Konverter) zu kurz ist. Das Problem habe ich sehr selten.
      Zudem finde ich die Tiefenschärfe bei Offenblende dann oft schon zu gering, um bildwichtige Teile (wie BEIDE Augen) noch scharf wiederzugeben.

  8. Deine Liste unterschreibe ich fast unverändert:
    losgeht es bei mir am Crop mir 12-24mm f4 daran schließt sich ein 50mm f1.4 an bevor mit einer Lücke das 120-400 den Brennweitenbereich abschließt. Für die Lücke suche ich noch eine passende Makrobrennweite zwischen 70 bis 100mm. Wobei die Festbrennweite am meisten genutzt wird.

  9. Du hast den Nagel wieder ein mal voll auf den Kopf getroffen!

    Die Linse ist wichtiger als der Body!

    Meine Favorites sin bei mir ganz klar das 24-70 von Canon und ist mein immer drauf Objektiv, aber auch das 70-200 mit 2,8er Blende habe ich gerne mal dabei…

    Das 70-200 F4 nutze ich eigentlich recht selten…
    Ist zwar eine geniale Scherbe mit einer grandiosen Schärfe aber irgendwie bleibt das süße Ding meist brav im Koffer liegen… Warum kann ich selber nicht genau sagen…

    Das 17-35 findet bei mir eigentlich recht selten Verwendung, außer ich bin mit einer Crop unterwegs…

    Und von dem 300er brauchen wir garnicht erst reden…
    Das nutze ich nur in der Konzertfotografie oder wennich meinen Schwage beim Fussball fotografiere… Hin und wieder kommt dann auch der 2,0 Extender von Canon dazu…

    Das Kenko da besser sein soll hätte was die Kompatibilität ich nicht vermutet…

    Beste Grüße und schöne Weihnachtstage euch allen!

    Sascha

  10. Klasse Beitrag und man stellt doch immer wieder fest, das der Anfang bei den meisten Leuten der gleiche ist 🙂
    habe meiner Nikon d700 die EX Reihe von Sigma gekauft : Angefangen vom 50mm f1,4 über das 24-70 f2,8 MACRO (<-viele Sachen abgedeckt) und mein Liebling das 70-200mm f2,8 ich für meinen Geschmack bin im Höchsten Maße zufrieden ein Konverter fehlt mir noch vür mein 70-200 leider passt dieser nicht auf mien 50mm da gibts Engpässe mit der Linse…

    Gruß Mike

  11. Ich habe momentan an einer 1000D Crop-Kamera ein 50 1.8 und ein 100 2.8 Makro.

    Jetzt kommt die 5D als Vollformat und dann ein 70-200 2.8 und ein Weitwinkel/Ultraweitwinkel-Zoom.
    Das wars dann erstmal für die nächsten 20 Jahre 😀

    LG und frohe Weihnacht,

    TIm

  12. Ich würde gerne meine Beautyfotos verbessern. Im Moment hab ich ein 50mm Festbrennweite Objektiv und das Kit-Objektiv zur Canon 600d. Was würdest du mir für ein Objektiv empfehlen?

    1. Mein heißester Tipp, um Fotos verbessern wäre Licht, Stéphanie.
      Schau Dir dafür mal diesen Beitrag an:
      https://www.migel-photo.com/blog/tutorial/videos/tipp-wie-mache-ich-meine-fotos-besser/
      und dann eventl. diesen:
      https://www.migel-photo.com/blog/tutorial/videos/equipment-fur-den-einstieg-in-die-studio-fotografie/

      Wenn es aber doch unbedingt eher ein Objektiv sein soll, rate ich wie schon im Post selbst am ehesten zu einem 90er oder 100er Makro. Die Brennweite gibt Gesichter angenehm wieder (keine „Mondgesichter“), ist recht lichtstark (i.d.R.: 2.8) und erlaubt auch Groß- und Detailaufnahmen, weil man so schön nah ran kann.

    2. Oooder Du schaust mal, ob Du nicht mit einem talentierten und gut ausgestatteten Fotografen eine Kooperation eingehen kannst, von der Ihr beide was habt. Für mich ist die Schweiz ein bißchen weit, aber…

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