Praxisbericht: Nikon D600 – Realität und Vorurteil

Ich (MiGel) hatte bereits meine Eindrücke der D600* nach einem Tag Shooting in Artikelform geliefert. Offen war aber noch wie denn der neue Besitzer, nach einiger Zeit praktischer Benutzung, nun darüber denkt. Deshalb lest Ihr hier Antons knackigen, auf den Punkt gebrachten Praxisreport:

Ursprünglich war der Himmel überstrahlt - ließ sich aber dank hervorragendem Dynamikumfang vollständig zurückholen.
Ursprünglich war der Himmel überstrahlt – ließ sich aber dank hervorragendem Dynamikumfang vollständig zurückholen.

 

Schon seit gut einem Jahr will ich auf Vollformat umsteigen, deswegen überlegte ich mir lange und gründlich, welche Kamera es denn werden sollte. Gespannt verfolgte ich die Einführung der D800, las alle Artikel (oder eher die “Buh-Rufe”) im Netz über die D600. Als MiGels Kamera kurz vor dem geplanten Shooting kaputt ging, beschloss ich dann eine der beiden zu kaufen, und auf die Probe zu stellen. Dass es die D600 wurde, war eine reine Vernunft-Entscheidung.

Mit 24 Megapixel hat die Kamera die zweithöchste Auflösung im gesamten DSLR-Markt, und mehr als alle Canon-Kameras besitzen. Damit erreicht sie einen beeindruckenden Detailreichtum.
Ich finde 24 Megapixel absolut ausreichend, und hatte bisher nicht Gefühl, dass die 36 MP der D800* in irgend einer Situation eine Hilfe gewesen wären.

Die D600* fühlt sich sehr hochwertig an, es ist auf jeden Fall eine Profi-Kamera. Der Unterschied zur D800* ist zwar vorhanden, aber nur im direkten Vergleich fühlbar, anders als zu der D7000*.

Der Sucher ist schön hell und groß, hier merkt man deutlich den Unterschied zu jeder APS-C Kamera! Ausserdem deckt er 100% des Bildfeldes ab, was ich sehr angenehm finde.

Der Autofokus an sich ist zwar sehr gut, die Felder sind im Gegensatz zur D800* aber sehr zentral. Mir fehlen gerade im Querformat ein Paar weitere Sensoren oben, um nach der Drittel-Regel richtig auf die Augen zu fokussieren. Das ist auch schon der größte Kritikpunkt an der Kamera.

Das Rauschverhalten ist bei der Kamera einfach erstklassig! Bis ISO 3200 ist kein nennenswertes Rauschen sichtbar, die Bilder würde ich ohne Bedenken für alles verwenden. Erst bei 6400 tritt ein sichtbares Rauschen auf, das aber mit der Rauschunterdrückung vollständig entfernt werden kann. Die beiden Stufen darüber, ISO 12800 und 25600, rauschen deutlich stärker und da treten dann auch sichtbare Verluste in den Details auf.

 

Abends, Dämmerung, ISO3200 vs ISO25600 an der D600 - ratet mal welches davon ISO25600 ist.
Abends, Dämmerung, ISO3200 vs ISO25600 an der D600 – ratet mal welches davon ISO25600 ist.

Über LiveView hatte ich bereits in einem anderen Blog schlechtes gelesen, kann dies aber getrost widerlegen. Es gibt bei der D600* nämlich 2 Modi – einen, in der sich das LiveView-Bild nicht verändert und einfach hell bleibt, und einen wo die Belichtung simuliert wird. Ersteres ist besonders dann angenehm, wenn man mit einem Blitz arbeitet. So kann man die Kamera auf Blitzbelichtung lassen, und trotzdem noch alles gut sehen. Beim 2. Modus sieht man dann eine simulierte Belichtung, die sich primär auf das Video auswirkt. Drückt man jetzt noch den Funktions-Knopf, kann man die Foto-Einstellungen getrennt von den Video-Einstellungen verändern. Um das heraus zu finden muss man allerdings das Handbuch (oder diesen Artikel) lesen, sonst kann es verwirrend sein, wenn man die Video-Einstellungen sieht, ein Foto macht, und sich über die Differenz in der Belichtung wundert. Das Einzige was es noch ein wenig behindert ist der „Aperture-Bug“, wegen dem man die Blende im Video-Modus nicht ändern kann. Dies wird aber mit dem kommenden Firmware-Patch behoben.

 

Mit einem justiertem Objektiv ist Schärfe kein Problem mehr!
Mit einem justiertem Objektiv ist Schärfe kein Problem mehr!

Die Schärfe und der Detailreichtum der Kamera finde ich nach mehreren Tests jetzt sehr gut! Beim ersten Shooting mit MiGel waren die Bilder ja etwas unscharf, was, wie wir jetzt herausgefunden haben, an einem verstellten AF des Leihobjektives lag. Mit meinen eigenen Linsen sehen die Bilder bedeutend schärfer aus!

Ein wenig irritierend ist die Restbildanzeige, die weicht nämlich erheblich von den tatsächlich machbaren Bildern ab. Bei meiner 16 GB Karte* wurden anfangs 294 Bilder angezeigt. Nach 472 Bildern zeigte sie dann immernoch 64 verbleibende Aufnahmen an. Dies scheint offensichtlich ein bisher nicht dokumentierter Anzeigebug zu sein, der mich jedoch nicht weiter stört. Ich habe zum Glück keinen SD-Karten Mangel.

Störend hingegen waren die vertauschten Tasten für ISO/QUAL (Bzw. Zoom + / -), in den ersten Tagen habe ich aus Gewohnheit immer die falsche Taste erwischt. Warum Nikon auf einmal die Tasten tauschen musste ist mir schleierhaft, auch wenn ich mich mittlerweile daran gewöhnt habe.

An die Menüführung kann ich mich jedoch immer noch nicht gewöhnen. Es wirkt überfrachtet und zu sehr verschachtelt. Ich brauche eine ganze Weile bis ich z.B. die Anzeige des Fokusmessfeldes oder der Überbelichtung finde, oder die Anzeigedauer der Bilder verändern möchte.

Mein Fazit:

Ich musste mich beim Kauf zwischen der D800* und der D600* entscheiden. Ich habe beide Kameras ausprobiert und letzten Endes lief es für mich auf die unterschiedliche Verteilung der AF-Felder hinaus. War mir das 500 Euro wert? Nach mehreren Shootings kann ich diese Frage nun mit einem „nein“ beantworten. Die D600* ist eine Spitzenkamera, die ich jedem ans Herz legen kann. Wenn ihr euch nicht sicher seid, ob ihr die Vorzüge der D800* in der Praxis wirklich braucht, dann würde ich sagen die D600 ist genau richtig für euch! Eine bessere Vollformat-Kamera zu diesem Preis gibt es derzeit nicht.

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14 Kommentare zu „Praxisbericht: Nikon D600 – Realität und Vorurteil“

  1. Danke für den Artikel!
    Hab mir meine D600 auch vor 3 Wochen geholt und bin begeistert.
    Komme von einer D700 und war leicht verunsichert. Die D600 hat das aber in 2 Tagen alles geändert. 🙂
    Der Sensor ist Spitzenklasse-Details und Dynamikumfang ohne Ende.
    Und im Vergleich zur D700 ist sie sogar mit Batteriegriff noch handlich und leicht.
    Auch die Autofokusgeschwindigkeit ist gut was ich bei einem Shooting mit 2 Kindern ausgiebig testen durfte.
    Klare Kaufempfehlung für jeden der in die Vollformatsparte einsteigen oder von einer D700 wechseln möchte.

    1. Kenrockwell bemängelt den Grünstich in den Standard einstellungen bei der Farbechtheit und nennt es einen Schritt zurueck gegenüber der D700…
      Ja er schreibt sogar das er seine Canons vorzieht .
      Ich frage mich warum Nikon so einen Rückschritt gemacht hat !!!

      1. Ich möchte noch ergänzen, dass Ken Rockwell gemeinhin nicht als die seriöseste Quelle gilt und er zudem nur von JPEGs redet/schreibt (wobei ich mich auch da nicht einen Grünstich von Antons Kamera erinnere). Ich habe ja selbst RAW-Aufnahmen der D600 gemacht und hier, da gibt es keinerlei Grünstich. Wenn es ihn gäbe, wäre er auch über eine Kalibrierung der Kamera (sofern man Adobe-Software nutzt) selbst zu beheben.

        1. DAs Staubproblem hat ja auch nicht jede Kamera , ich warte noch ein bisschen und lasse Nikon der d600 die Kinderkrankheiten austreiben.
          🙂

  2. Zur Restbildanzeige:
    Nikon rechnet mit einer etwas größeren Datei als in der Praxis vorkommt. Außerdem ist jede Datei, abhängig vom Bildinhalt, von anderer Größe. Damit ist die Restbildanzeige immer auf der sicheren Seite.

    Zur Menüstruktur:
    Bei der D7000 kann man ein indivuduelles Menü zusammenstellen, da sind die bervorzugten Parameter immer parat. Diese Möglichkeit sollte es an der D600 auch geben.

    1. Wie gesagt, es stört mich nicht dass die Restbildanzeige falsch ist. und bei 472 gemachten vs. 230 berechneten Bildern ist es nicht “auf der sicheren Seite” und die Dateien sind nicht nur “etwas kleiner”… das sind mehr als 100% daneben!! ergo: völlig falsch und unbrauchbar, das können andere (Nikon-)Kameras besser!

      Menüstruktur: richtig, diese Möglichkeit gibt es ebenfalls. ändert aber dennoch nichts daran, dass man sich die Menüpunkte erst in mühevoller Kleinarbeit zusammensuchen muss. Auch das können andere Kameras besser…
      aber auch hier – Kleinigkeit!
      Ausser dem AF sind die anderen “Nachteile” vernachlässigbar… hab vergessen dazu zu schreiben, dass es “jammern auf hohem Niveau” ist… 😉

      1. Die Restbild Anzeige zeigt am Anfang wieviel mindestens auf die Speicherkarte drauf gehen , da die dslr ja nicht weiss wieviel Feinzeichnung du in deinen Bildern hast die sie nicht optimal komprimieren kann .1:5 JPG Fein
        dh 24 megapixel * 3Byte / komprimierungfaktor 5 = Normgrößte bei 8bit jpg = etwa 14 MB
        abweichend kommen die Feinstruckturen dazu die per Algorythmus nicht 1:5 ohne Qualitätsverlust komprimiert werden können als geringer komprimierte Daten dazu +-15 % in etwa. Im rgelfall duerfte theortisch betrachtet die Datei Größe bei jpg fein zwischen 11,5 MB und 17 MB liegen.

  3. Danke für den Test.
    Ich habe die D600 seit ein paar Tagen im Schrank liegen, darf sie aber erst nach Weihnachten auspacken/benutzen (Geschenk :-)). Dein Artikel hat meine Vorfreude ein Stück gesteigert.

  4. Hallo,
    ich bin erst seit kurzer Zeit Besitzer einer D600 und bitte daher meine vielleicht blöde Frage zu verzeihen. Allerdings kann ich dem OriginalHandbuch leider nicht entnehmen, wie ich den LiveView-Modus wechsle, um die Belichtung simuliert angezeigt zu erhalten. Wer kann mir helfen? Danke.

    1. Kein Problem, ist auch ein wenig zwischen den Video-Funktionen versteckt. Du stellst dein Live-View auf “Video” (die untere Stellung) dann siehst du das Bild, wie es mit den aktuell angezeigten Werten aussehen würde. Stellst die Einstellungen so ein, wie es dir gefällt (geht logischerweise nur in “M”) – dann drückst du die “Fn” – Taste, um von den Video- zu den Fotoeinstellungen zu kommen, und stellst dort die selben Werte ein wie du es in der Video-Vorschau gesehen hast.
      Dann kannst du dein Foto so aufnehmen, wie du es im LiveView gesehen hast.

    2. Das dilemma ist ich habe eine D700 und weiss nicht auf welche ich wechseln soll.
      Ken rockwell schreibt was von der Grünstichigkeit der d4 d800 und d600 in den Grundeinstellungen wie problemmatisch ist das ?
      Dazu kommt das Problem bei der d600 mit dem Staubsensor wer kann da dazu etwas sagen ….
      Gruss Patrick

      1. Ich kann nur sagen, dass meine D600 keinen Grünstich hat. Zudem schreibt er dass die D800 und D4 bei ihm das selbe Problem hatten. D.h. für mich: kein Entscheidungskriterium (ist ja bei der D800 angeblich genau so) und dass 3 so verschiedene Kameras exact den selben “Grünstich” haben sollen, finde ich etwas unglaubwürdig – ich schätze er hat einfach etwas falsch eingestellt.
        Staub auf dem Sensor habe ich jetzt nach über 5000 Auslösungen immernoch nicht feststellen können, und falls das noch kommt – wozu hat man die Garantie?

        Wie ich bereits oben schrieb – wenn du nicht weisst ob du die Vorzüge der D800 brauchst (und das sind nicht viele) dann ist die D600 eher was für dich.

  5. Pingback: Was Vollformat bringt (am Beispiel Nikon FX – sponsored)

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